Titelthema: Visual Journalism
Das Spiel um die Nachricht

Newsgames oder interaktive Infografiken – professionell umgesetzt, erweisen sie sich als innovative Medienformate, wecken Interesse und erleichtern den Informationszugang. Ein Plädoyer für ein grundsätzliches Umdenken.

von Reinhard Schulz-Schaeffer

Können Sie sich vorstellen, sich die Inhalte einer Nachricht zu erspielen? Oder widerspricht das unterhaltsame Spiel der ernsthaften Nachricht? Anstelle des seriösen Nachrichtensprechers oder des sorgfältig gestalteten Artikels übernehmen Sie die Rolle eines Politikers, einer Partei in einem Konflikt oder eines Aktivisten. Sie können vielleicht sogar die Seiten wechseln und einen Konflikt aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten. Sie handeln selber unter den gegebenen Rahmenbedingungen und erleben, wie sich dadurch die Situation verändert. Sie erfahren die Sachzwänge, Notwendigkeiten und Nöte als »Spielfigur« unmittelbar. Würden Sie auf diese Weise vielleicht sogar besser verstehen, worum es bei diesem Konflikt wirklich geht oder was Politik sinnvollerweise tun oder lassen sollte?

Informationen und Nachrichten möchten wir möglichst schnell und jederzeit verfügbar haben. Die klassische Zeitung oder das etablierte Magazin schafft dafür keine Lösung. Diesem Text, den Sie gerade lesen, ist sein Inhalt nicht anzusehen. Jeder Text verbirgt seine Inhalte hinter abstrakten Zeichen, die erst decodiert und mit Erfahrungen verknüpft werden müssen. Dieser Prozess ist zeitintensiv und erschwert das erneute Auffinden von Informationen, die bereits gelesen wurden. Das Internet hilft uns mit seinen Suchfunktionen erheblich weiter. Obwohl das Netz nach wie vor fast nur Texte nach Inhalten durchsucht und die unendliche Vielzahl der Informationen weitestgehend ignoriert, die in Bildern gespeichert sind.

Das Bild als Vermittler

Der Zugriff auf die Bildinhalte ist immerhin über Schlagworte möglich, so dass wir uns zu einem Suchbegriff die Bilder anzeigen lassen können. Über die Bilder haben wir dann den schnellsten Zugriff auf die zugeordneten textlichen Inhalte.

Während der Text ein System von Hinweisen auf persönliche Erfahrungen ist und über die Verknüpfung dieser Erfahrungen neue Erkenntnisse schaffen kann, ist das Bild Vermittler von unmittelbaren Erfahrungen. Eine Wortbedeutung wird nicht durch das Wort vermittelt, sondern beispielsweise durch das Erlebnis einer Begegnung mit dem bezeichneten Gegenstand, eventuell medial vermittelt durch seine Abbildung oder Filmbilder.

Erfahrungen, für die wir Worte gefunden haben, ermöglichen uns erst ein wirkliches Verständnis von Texten. Die Erweiterung unserer Erfahrungen ist ein ständiges Ziel unseres Handelns – und die treibende Kraft für unser Interesse an Neuigkeiten und Nachrichten. So ist die Grafik, die Verhältnisse oder Abhängigkeiten sichtbar macht, ein Mittel, diese Verhältnisse oder Abhängigkeiten unmittelbar zu erfahren. Unsere Empathie ist eine wichtige Fähigkeit, um diese medial aufbereiteten Ereignisse nahezu wie eigene Erlebnisse zu empfinden.

Datenjournalismus visualisiert

Wir sind grundsätzlich neugierig und möchten wissen, was um uns herum passiert. Die Glaubwürdigkeit einer Nachricht ist dabei von größter Bedeutung, und sie stellt das eigentliche Kapital der klassischen Nachrichtenmedien dar. Diese Glaubwürdigkeit ist schwer zu erlangen. Zeitungen, Magazine und Nachrichtensender mit Renommee haben meist über Jahrzehnte um das Vertrauen ihrer Leser geworben, indem sie sich täglich um zuverlässigen und unabhängigen Journalismus bemüht haben. Die Print-Auflagen sind dennoch rückläufig. Das Internet hat die Vorherrschaft auf dem Markt der Informationen übernommen. Aber auch hier ist Glaubwürdigkeit eine wichtige […]

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