International
Das Geheimnis der Huffington
Im US-Wahlkampf stieg die Huffington Post zur erfolgreichsten Webzeitung auf. Die Gründerin profitiert von einem Netzwerk aus Promis und Politikern – eigene Recherchen des Online-Portals fehlen.
von Gerti Schön
Auf einer Konferenz der »American Society of Newspaper Editors« (ASNE) im April 2005 hielt Rupert Murdoch eine Rede. Der junge Medienkonsument von heute, sagte er, »will sich nicht mehr auf eine gottgleiche Gestalt von oben verlassen, der ihm sagt, was wichtig ist. Er will nicht, dass ihm die Nachrichten wie das Evangelium präsentiert werden«.
Jungen Leuten sei es heutzutage viel wichtiger, einen Standpunkt zu der Information mitgeliefert zu bekommen. Und: »Sie wollen in der Lage sein, darüber in einer größeren Community zu sprechen, die Dinge hinterfragen zu können und Leute zu treffen, die über die Welt in ähnlich – oder auch unterschiedlich denken«. Im Klartext: Zeitungen in ihrer herkömmlichen Form haben ausgedient. Die Zukunft liegt im Internet.
Als Gegenstück zum Drudge Report geplant
Genau auf die von Murdoch beschriebene Perspektive war ein paar Wochen später die Gründung der Huffington Post ausgerichtet, ins Leben gerufen von der politischen Aktivistin und Buchautorin Arianna Huffington, dem früheren AOL-Manager Kenneth Lerer und dem Internetunternehmer Jonah Peretti. Die Idee war es ursprünglich, ein liberales Gegenstück zu dem konservativen Online-Informationsservice Drudge Report zu schaffen. Zu dieser Zeit wusste kaum jemand, wie man eine erfolgreiche Onlinepublikation ohne einen damit verbundenen, bereits durch ein Printorgan bekannten Markennamen auf die Beine stellt.
Also setzten die Macher auf eine Mischung aus Celebrity-Blogs, meinungslastigen Kommentaren und Links zu anderen populären Webseiten, die die Nachrichten des Tages aus verschiedenen Blickwinkeln wiedergeben. Angereichert wird das Ganze mit kurzen Zusammenfassungen der Storys, bunten und prominent platzierten Fotos und Videos von anderen Sendern. »News Aggregators« nennen sich diese Content-Seiten, die nur begrenzt eigene Inhalte zur Verfügung stellen und stattdessen zu einem Sammelsurium unternehmensfremder Seiten verlinken. Die Anzahl der eigenen Page Views wird dadurch erhöht, dass diese Partner-Webseiten wiederum zur Huffington Post zurückverlinken.
Community eingespannt
Mit ihren Bemühungen, möglichst viele Kommentatoren und Autoren aus dem stetig wachsenden sozialen Netzwerk von Arianna Huffington zu gewinnen, fand die HuffPo fast zufällig ein Erfolgsrezept: »Wir haben schon bald gemerkt, dass der Schlüssel zum Erfolg nicht darin lag, Drudge zu kopieren, sondern von der Community Gebrauch zu machen und uns selbst in den Augen unserer Lesergemeinde zu sehen«, sagte Kenneth Lerer dem New Yorker (03/2008). »Diese neue Art, Informationen zu präsentieren, verändert die Nachrichten genauso, wie CNN es vor 30 Jahren getan hat«.
Das Internet ermöglicht es wie kein anderes Medium, in Blitzgeschwindigkeit herauszufinden, welche Geschichten beim Publikum ankommen und die Gemüter erhitzen. Dadurch, dass die HuffPo-Leser die Möglichkeit haben, unter jeden Artikel ihre eigenen Kommentare zu setzen und so miteinander in Dialog zu treten, bindet man die Leser nicht nur an das Medium, sondern kann auch einen Beitrag bei mangelndem Interesse schnell wieder auf die hinteren Ränge der Platzierungshierarchie verbannen.
Auf diese Weise werden »Nachrichten zu einer gemeinsamen Unternehmung eines Redakteurs und seinen Lesern«, sagt Jonah Peretti (ebenfalls The New Yorker 03/2008) und kommt zum Kern der Sache: Das Internet sei daher »lebendiger, als es eine Zeitung in Print jemals sein kann«.
3,7 Millionen Besucher im Monat
Die Diskussion darüber, dass vor allem junge Medienkonsumenten in den USA in Scharen zum Internet überlaufen und damit zum Niedergang des Zeitungsgeschäfts beitragen, ist in vollem Gang. Die Medien suchen nach Wegen, um der sinkenden Aufmerksamkeitsspanne der Jugendlichen entgegenzukommen, und kaum eine andere Publikation scheint damit erfolgreicher zu sein als die Huffington Post mit ihrem multimedialen und die Leser einschließenden Konzept.
Die Nutzerzahlen der Seite sind laut Nielsen Online seit der Gründung stetig angestiegen und …
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