Editorial
im Dezember teilten die Detroit Free Press und die Detroit News ihren Abonnenten mit, dass sie bald nur einmal pro Woche als gedruckte Zeitung erscheinen werden, zu mehr reiche die Anzeigenfinanzierung nicht mehr aus. Zeitgleich meldete der große Tribune-Konzern Insolvenz an. Sieht so das allmähliche Absterben der 359 Jahre alten Gattung Tageszeitung aus? In den USA vielleicht – und auch dort vielleicht nur bis zur nächsten Wiederbelebung, wer weiß.
Genaueres wissen wir über den Zustand der Tageszeitungen in Europa, wo zumal in Frankreich und Italien die Zeitungs-Existenzkrise mit der amerikanischen vergleichbare Ausmaße annimmt. In Skandinavien und den deutschsprachigen Staaten indessen sieht die Zukunft der Zeitungen nicht so düster aus. Zwar trennte sich die Axel Springer AG von mehreren Zeitungsbeteiligungen fast so hektisch wie ein Börsenspekulant, der den über Nacht marode gewordenen Immobilienfonds fallen lässt. Doch andere Medienhäuser – darunter familiengeführte Mittelstandsunternehmen – haben spät, aber nicht zu spät eingesehen, dass die Zeitungskrise kein Schicksal, sondern zu Teilen selbst verschuldet ist, Dass ihre Zeitungen es während Jahrzehnten unterlassen haben, sich der veränderten Mediennutzung der jüngeren Generationen anzupassen. Denn noch immer produzieren viele Redaktionen ihr Blatt nach den überkommenen Kriterien und demselben Blattverständnis wie vor dreißig Jahren.
Die viel beschworene Zukunft der Zeitung erfordert ein fundiertes Wissen über das Lesepublikum und ein präzises Verständnis der Funktionen, die mit der Gattung Zeitung verbunden sind – Anforderungen, die Message in den vergangenen Jahren immer aufs Neue thematisiert hat. Auch in dieser Ausgabe beschreiben mehrere Autoren aus unterschiedlicher Blickrichtung Ansätze und Wege. Lutz Timmermann beschreibt zukunftsweisende Neuerungen im Lokaljournalismus. Aus wissenschaftlicher Sicht geben Michael Haller, Peter Schumacher und Sebastian Feuß Einblicke in ein Forschungsgebiet, das für die Neuausrichtung der Zeitungen von wachsender Bedeutung ist: die Wahrnehmungsmessung bei der Nutzung von Offline und Online durch Zeitungsleser. Neue Erkenntnisse der Blickbewegungsanalysen finden Sie im Heft.
Wie es den (käuflichen) Tageszeitungen rund um Deutschland ergehen wird, das hängt auch vom Gratiszeitungsmarkt ab: Frisst er die Kaufzeitungen weg? Eine europaweit angelegte Studie hat untersucht, wie sich der Trend zum Gratisjournalismus auf die Kaufzeitungen auswirkt. Message liefert Ihnen die Ergebnisse dieser Studie.
Dass Sie unsere Berichte und Analysen auch über den Zustand des Finanz- und Wirtschaftsjournalismus mit Gewinn lesen, dies wünscht sich
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