Forschung
Graue Eminenz der Redaktion

Für den Leser ist ihre Arbeit kaum sichtbar: Die Fact-Checker sorgen dafür, dass kein Fehler in einem Artikel zu finden ist. Eine Studie zeigt, wie deutsche Redaktionen die Überprüfungsrecherche handhaben.

von Bertram Weiß

Nur den Journalist, dessen Name über einem Beitrag steht, nimmt der Leser wahr. Vor den Augen des Publikums ist er der Urheber einer spannenden Geschichte, einer beißenden Kritik oder einer erschreckenden Enthüllung. Doch die stillen Helfer, die in einer Redaktion zum Gelingen der Veröffentlichung beigetragen haben, bleiben meist im Verborgenen.

Manche Redaktionen etwa leisten sich eigene »Fact-Checker« – Spezialisten, die damit beauftragt sind, vor dem Druck zu überprüfen, was Journalisten aufgeschrieben haben. Neben den drei Nachrichtenmagazinen Spiegel, Stern und Focus zählen dazu etwa die Zeitschriften der Geo-Gruppe, Brand Eins und die Test-Hefte der Stiftung Warentest. Aber was tun jene Sekundanten im Schatten der Autoren eigentlich genau? Und wie nehmen sie ihre Arbeit wahr? Welche Ansprüche, Ziele und Einstellungen haben sie?

Instanz der Qualitätssicherung

In angloamerikanischen Medienhäusern ist die Redaktionsorganisation in weitaus mehr unterschiedliche Arbeitsprofile gegliedert als in deutschsprachigen. Das Arbeitsprofil von Fact-Checkern in Deutschland kann als Abbild angloamerikanischer Erfahrungen betrachtet werden, die aus der Ideologie des »objective reporting« erwachsen sind.

Sie wirken als eigenständige Instanz der Qualitätssicherung auf das journalistische Medienprodukt ein. Doch wie eine »graue Eminenz« treten die Fact-Checker nach außen kaum in Erscheinung. Auch in der Journalismusforschung ist ihre Arbeit bis dato ein weißer Fleck. Erstmals widmete sich eine Interviewstudie an der Universität Hamburg nun dem Selbstverständnis und der Arbeit von Fact-Checkern in deutschen Printredaktionen.

Was Fact-Checker können

Die Bezeichnungen für das Arbeitsprofil der Befragten sind vielfältig. Sie nennen sich Verifikateure, Faktenprüfer, Dokumentationsjournalisten oder Dokumentare – kurz: »Docker«.

Eine Basisqualifikation für die Tätigkeit eines Fact-Checkers ist die akademische Ausbildung. Die Wahl des Studienfachs erscheint dabei zweitrangig. der Beruf wird kaum gezielt angestrebt. Auch spezifische Aus- oder Fortbildungen sind unüblich – es herrscht das Primat des »learning on the job«. Fähigkeiten, welche Fact-Checker bei ihrer Arbeit benötigen, sind vornehmlich: ein ausgeprägter Sinn für Genauigkeit, Sorgfalt und Selbstdisziplin.

Darüber hinaus offenbart sich in den Interviews ein Topos der Hartnäckigkeit oder Fähigkeit zur dauerhaften, unumstößlichen Konzentration. »Ich sage, man muss eine gewisse Terrier-Mentalität haben. Das heißt, man muss die Fakten zu Ende recherchieren«, lautet die besonders pointierte Metapher eines Befragten.

Ausgeprägter Argwohn

Die Interviewanalyse legt auch eine starke Betonung von Skepsis und Misstrauen offen, welche in der Wahrnehmung der Befragten ihr Handeln leiten. Dieser ausgeprägte Argwohn richtet sich sowohl gegen andere Personen und manifeste Informationen als auch gegen die Befragten selbst – gegen das eigene Gedächtnis und das eigene Wissen. Mit der Skepsis kann …

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