Pr Und Journalismus
Rollentausch
An den Hochschulen verwischt zunehmend die Grenze zwischen Journalismus- und PR-Ausbildung. Als Journalistik-Studenten Krisenkommunikation für Audi üben sollten, rebellierten sie.
von Thomas Schnedler
Mit einem Manifest machten sich die Journalistik-Studenten in Eichstätt Luft. Ihr Studiengang müsse sich klar positionieren, forderten sie im Sommer 2009. Der Blick der Studenten für den wachsenden Einfluss von PR und Marketing auf den Journalismus müsse geschärft werden. »Unser Standpunkt lautet daher: Lehre des kritischen Umgangs mit der PR ja, Lehre der PR nein«, schrieb die Fachschaft Journalistik, die die Interessen der Studenten vertritt und zuvor bereits eine Podiumsrunde zum Thema organisiert hatte, in der kontrovers diskutiert worden war.
Was war passiert? Der Eichstätter Journalistik-Studiengang, der seit 26 Jahren Nachwuchsjournalisten ausbildet und einen guten Ruf in der Branche genießt, hatte praktische PR-Übungen als Teil der handwerklichen Ausbildung angeboten. So entwickelten die angehenden Journalisten in einer »Übung zum Entwerfen und Erstellen von PR-Konzepten« einen Kommunikationsplan für die eigene Hochschule, die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt.
In einer weiteren Lehrveranstaltung zum Thema Krisenkommunikation, die im Wintersemester 2008/2009 in Kooperation mit der Audi AG angeboten wurde, analysierten die Teilnehmer das Web 2.0 für den Autohersteller aus Ingolstadt und entwickelten ein Blog-Frühwarnsystem, »um potenzielle Krisen frühzeitig auf den Unternehmens-Radarschirm zu holen«, wie es in der Seminarbeschreibung heißt. Als Dozenten fungierten der Audi-Pressesprecher und der Leiter der Audi-Unternehmenskommunikation.
Die Grenze weicht auf
Für die Studierenden war damit eine Grenze überschritten – eine Grenze, die in der hochschulgebundenen Journalistenausbildung in Deutschland zunehmend aufweicht. Unter dem Eindruck des schwierigen Arbeitsmarktes für junge Journalisten implementieren viele Hochschulen PR-Elemente in die Ausbildung der Nachwuchsjournalisten – zum Beispiel durch das Engagement von Pressesprechern in der Lehre, durch die Kooperation mit Unternehmen bei der Planung und Durchführung von Seminaren, durch die Modifikation des Curriculums, die Entwicklung neuer Studiengänge oder durch das Angebot praktischer PR-Übungen. Die Journalistenausbildung verändert damit ihr Gesicht.
In den umstrittenen Kursen geht es nicht mehr darum, die Methoden der PR-Profis aus der Perspektive der Journalisten zu analysieren, die einschlägige Forschung auszuwerten und die Studierenden für spätere Einflussversuche im redaktionellen Alltag zu sensibilisieren. In den praktischen Übungen machen die Nachwuchsjournalisten selbst PR und schlüpfen damit in eine andere Rolle.
»Interessante Denkanstöße«
Außer den Studierenden sieht darin aber kaum jemand ein Problem. So erklärte Jürgen De Graeve, Ko-Dozent des Eichstätter Audi-Seminars und im Hauptberuf Leiter der Unternehmenskommunikation von Audi: »Wir handeln hier nicht im Auftrag unseres Unternehmens, sondern aus einem eigenen persönlichen Interesse heraus, da wir zum großen Teil selbst gelernte Journalisten sind.« De Graeve selbst war vor seinem Wechsel in die PR …
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