Podium
Keine Beihilfe zum Geheimnisverrat
Informantenschutz und Redaktionsgeheimnis bewahrenJournalisten vor Strafverfolgung. Dennoch erlaubenRechstslücken die Durchsuchung von Redaktionsräumen. Nun isteine Gesetzesänderung in Sicht.
von Alexander Sättele (rechtsanwalt Aus Berlin)
Die Pressefreiheit ist eines der höchsten Güter imdemokratisch verfassten Staat. Den Vätern und Müttern desGrundgesetzes, die die Aus- und Gleichschaltung der freien Presse nachder Machtergreifung durch die Nationalsozialistengrößtenteils selbst miterlebt hatten, war dieser Umstandoffensichtlich sehr bewusst: Das Grundgesetz gewährleistet dieFreiheit der Presse sowie die Freiheit der Berichterstattung durchRundfunk und Film nicht nur als institutionelle Garantie, sondern alsindividuelles Grundrecht (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG), auf das sich jedereinzelne Medienangehörige persönlich berufen kann.
Die Freiheit der Medien – so der mittlerweile gebräuchlicheSammelbegriff – wird im Grundgesetz an herausragender Stelle,nämlich im Abschnitt über die Grundrechte, garantiert. Dortist auch festgeschrieben, dass eine Zensur nicht stattfindet (Art. 5Abs. 1 S. 3 GG). Beim Bundesverfassungsgericht ist das Bewusstseinfür die besondere Bedeutung der Freiheit der Medien ebenfallsvorhanden. So heißt es in der sogenannten Cicero-Entscheidung desBundesverfassungsgerichts am Beginn der Urteilsgründe knapp aberdeutlich: »Die Freiheit der Medien ist konstituierend fürdie freiheitliche demokratische Grundordnung.«
Allerdings wird die Freiheit der Medien auch von Verfassung wegen nichtuneingeschränkt gewährleistet – Medienangehörigestehen selbstverständlich nicht außerhalb der Rechtsordnung.
Strafgesetze gelten auch für Journalisten
Diesem Umstand trägt auch das Grundgesetz Rechnung, indem es dieMedienfreiheit in Art. 5 Abs. 2 GG ausdrücklich einschränkt:»Diese Freiheit findet ihre Schranken in den Vorschriften derallgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze derJugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.« Zu denallgemeinen Gesetzen im Sinne dieser Vorschrift zählen auch dieStrafgesetze. Diese gelten nach der Konzeption des Grundgesetzes alsoohne Weiteres auch für Medienangehörige, die in Ausübungihres Berufes Straftaten begehen.
Auf den ersten Blick mag man dagegen nichts einzuwenden haben. Dennwenn ein Medienangehöriger zum Beispiel in eine Wohnung einbricht,um dort Dokumente zu stehlen, oder einen Amtsträger besticht, umvon diesem Informationen zu erhalten, dann ist dieses Verhalten miteiner verantwortungsbewussten journalistischen Tätigkeit ohnehinnicht zu vereinbaren und verdient daher auch keinen Schutz vorstrafrechtlicher Ahndung. Bei weniger offensichtlichenVerstößen gegen journalistische Standards kann diese Wertunghingegen weit weniger eindeutig ausfallen.
So dürfte vielen Medienangehörigen nicht bewusst sein, dassbereits die unbefugte Aufnahme des nicht öffentlich gesprochenenWortes nach § 201 des Strafgesetzbuches (StGB) strafbar ist.Anders lässt es sich kaum erklären, dassMedienangehörige scheinbar regelmäßig Filmaufnahmenmitsamt Tonspur herstellen, auf der sie das nicht öffentlichgesprochene Wort eines heimlich Aufgenommenen aufzeichnen – dasPrinzip verstecke Kamera. Zur Verwirrung mag hier beitragen, dass eineetwaige Veröffentlichung solcher Filmaufnahmeneinschließlich der auf strafbare Weise aufgezeichneten Tonspurihrerseits nicht strafbar ist, wenn die Veröffentlichung derWahrnehmung überragender öffentlicher Interessen dient. Ander Strafbarkeit des Medienangehörigen, der die Tonspurhergestellt hat, ändert dies jedoch nichts.
Solche Straftaten werden aber so gut wie nicht verfolgt. Das weistdarauf hin, dass die staatlichen Ermittlungsbehörden durchaus einGespür für die Verhältnismäßigkeit vonStrafverfolgungsmaßnahmen entwickeln …
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