Journalistenpreise
Gute Preise haben ihren Preis

Journalistenpreise können den Qualitätsjournalismus fördern. Doch auch das Gegenteil kommt vor: verdeckte PR und Interessenklüngel. Selbst namhafte Preise geraten mitunter in die Krise.

von Volker Lilienthal

Journalistenpreise sind Dutzendware. Viel schlimmer: Als Hundertschaften sorgen sie für Unübersichtlichkeit, wo sie eigentlich die Spreu vom Weizen trennen sollten. Zählungen zufolge werden im deutschsprachigen Raum bis zu 460 Auszeichnungen für journalistische Leistungen verliehen. Bedenkt man, dass die meisten Wettbewerbe in mehreren Kategorien ausgeschrieben werden, kommen alljährlich nach einer groben Schätzung 1.500 deutschsprachige Journalisten in den Genuss einer Auszeichnung – mitunter gut dotiert, manchmal auch nur mit einer Ehrenurkunde versehen. Schon wurden Journalistenpreise als Neben­einnahme für notleidende freie Journalisten ausgemacht. Ein paar tausend Euro einzuheimsen tut immer gut. Als Geschäftsmodell über den Glücksfall hinaus bleibt es wohl eher die Ausnahme.

Mit Preisen überhäuft

Einer der preisgekrönten Freiberufler ist Mario Kaiser. Berichten zufolge hat der freie Journalist, der für Blätter wie Spiegel, Die Zeit und brand eins schreibt, bereits mehr als 20 Preise gewonnen. Die eingesammelten Preisgelder sollen sich auf mehr als 60.000 Euro summiert haben. Heute lebt Kaiser in New York und ist als Ex-Preisträger assoziiertes Jurymitglied beim Deutschen Journalistenpreis – von dem noch zu sprechen sein wird.

Annähernd 500 Auszeichnungen – man sollte sich von dieser Zahl nicht blenden lassen und sie vor allem nicht für das Zeichen einer generellen gesellschaftlichen Wertschätzung für Qualitätsjournalismus halten. Wie Arne Orgassa erstmals in seiner Münchener Masterarbeit 2010 nachgewiesen hat, sind viele Preise PR-induziert. Unternehmen oder Verbände haben sie initiiert, um bestimmte Themen in die Öffentlichkeit zu lancieren. Der Business of Beauty – Medienpreis Friseur war ein bizarres Bei­spiel für diesen Trend, mittlerweile wird er nicht mehr verliehen. Mario Kaiser übrigens hat auch den »BoB« gewonnen – allerdings ohne sich beworben zu haben.

Die große Zahl von Wettbewerben für Journalisten hat nichts daran geändert, dass es nur wenige renommierte Medienpreise gibt. In Deutschland sind das natürlich der Theodor-Wolff-Preis, der Henri-Nannen-Preis, der Wäch­ter­­preis (für Presse), der Adolf-Grimme-Preis (für Fernsehen) und mehrere gemischte, d.h. für alle Medientypen vergebene Themenfeldpreise. Eine deutliche Schwerpunktbildung gibt es hier bei der Wirtschaftspublizistik. Handel und Industrie sind halt in der Lage, hohe Preisgelder auszuloben.

Tradition, Ruf und Dotierung

Was (und auch wer) entscheidet über das Renommee eines Preises? Zuallererst sind seine Bekanntheit und Tradition zu nennen. Ist der Wettbewerb mehr als eine Eintagsfliege, hat er sich sein Ansehen über die Jahre dank überzeugender Juryentscheidungen erarbeitet.

Der thematische Rahmen des Wettbewerbs – welche Art von Journalismus gilt als preiswürdig? – darf nicht zu eng gezogen sein, darf keinem bloß partikularen PR-Interesse, sondern sollte einem Gemeinwohlinteresse (Aufklärung und Kritik, Information und Bildung) gewidmet sein. Werden somit die Werte des Journalismus proklamiert, wird der Preis selbst auch eher in seiner Be­zugs­gruppe und Branche (Jour­nalismus und Medien) akzeptiert.

Auch die Höhe der Dotierung entscheidet mit über Renommee. Das mag man bedauern, doch wird in unserer Gesellschaft Aufmerksamkeit eben auch über Geld organisiert. Mit jeweils 60.000 Euro sind der Theodor-Wolff-Preis und der Deutsche Journaliste­n­preis, der erst seit 2007 verliehen wird, die höchstdotierten deutschen Medienpreise. Es folgen, mit jeweils 50.000 Euro, drei Preise für Wirtschafts­publizistik: der Ernst-Schneider-, der Hans-Strothoff- und der Herbert-Quandt-Preis. Bald darauf folgt der Otto-Brenner-Preis für kritischen Journalismus, der mit 45.000 Euro dotiert ist und den die Otto-Brenner-Stiftung, die Wissenschaftsstiftung der IG Metall, 2005 ins Leben gerufen hat.

Pompöser Titel

Der oben erwähnte Deutsche Journalistenpreis ist trotz seines pompösen Titels mit nationalem Anspruch vor allem ein Preis für Wirtschaftsjournalismus. Seine Sponsoren kommen aus den Branchen Wirtschaft, Börse und Finanzen, zum Beispiel …

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