Editorial
angenommen, das Passagierschiff hat Feuer gefangen und sackt langsam nach backbord ab – und die drei Mann der Küstenwache spielen gerade Skat und haben keine Lust, ihr Spiel zu unterbrechen, um Alarm zu schlagen: Würden wir ihnen die Schultern klopfen? Natürlich nicht. Als Vorgesetzte würden wir sie sofort entlassen und zur Rechenschaft ziehen.
Mit Sinnbildern und Metaphern kann man ins Plumpsklo fallen oder auch Eulen dorthin tragen, wo sie lange schon zu Hause sind. Und doch geben sich die meisten Journalisten ignorant, wenn es um die Tragweite neuer Gesetzesbestimmungen geht, die das journalistische Recherchieren behindern und beschränken.
Klar, wissen wir doch, haben wir im Blick – ist insgesamt nur halb so schlimm: Dies ist der Refrain, den man sich auf die Summe der Kommentare machen kann, die in den letzten zwei Monaten zum Thema »Polizeiliche Überwachung und Datenspeicherung« geschrieben wurden. Viele Meinungsäußerungen waren es ohnehin nicht. Offenbar fühlt sich der Journalismus sowieso nicht mehr zuständig, wenn es um den Schutz der Bürgerrechte geht, deren wichtigste die Pressefreiheit ist. Das war vor nicht allzu langer Zeit – Stichwort: Großer Lauschangriff – noch anders.
Keine Frage: Um Rührgeschichten über Knut und Britney, um Ekelstorys über Bohlen und Dschungelcamp zu verfassen, sind Fragen der Datenüberwachung und der Aushöhlung des Zeugnisverweigerungsrechts bedeutungslos. Bei uns sieht man die Pressefreiheit bedroht, wenn man Prominente nicht mehr wie Freiwild fotografisch abschießen darf. Und hier feiert man auch lauthals ein Gerichtsurteil als Sieg der Pressefreiheit, weil es den Abdruck von Gegendarstellungen erschwert.
Es stimmt nachdenklich, dass ein Politiker und früherer Landesinnenminister – unser Autor Burkhard Hirsch – den Medienmachern erklären muss, wie staatliche Maßnahmen den für den Journalismus essenziellen Informantenschutz aushöhlen. Und es ist bemerkenswert, wenn uns Kollegen im europäischen Ausland sagen, wie sie mit solchen Maßnahmen umgehen. Nicht alle brauchen solche Nasenstüber. Auch im deutschen Journalismus gibt es noch aufmerksame Publizisten, die Alarm schlagen, wenn das Schiff der bürgerlichen Freiheitsrechte Feuer fängt. Einen davon lernen Sie hier kennen.
Dass Sie, liebe Leserinnen und Leser, auch unsere Berichte über Glanzleistungen der journalistischen Recherche wie auch über verschiedene Gehversuche im Web 2.0 mit Gewinn lesen, dies erhofft sich
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