Bakschisch-Journalismus
Korrupte Republik trifft ihre Hüter

Olympiareisen von VW, Bargeld vom BND, Reisen nach Südamerika. Vergünstigungen und Bestechungen zerstören das Ver-trauen in eine ganze Branche. Nicht immer sind die Verlage schuldlos.

von Ulrike Simon

Der Taxifahrer schaute irritiert in den Spiegel, was das für eine Frau auf seiner Rückbank sei, die da unverhohlen von ihm wissen wollte, ob er eine Freundin hat. Die Situation klärte sich schnell. Die Frau war Journalistin, kam von einer Presse-Veranstaltung und wollte den Inhalt ihrer Geschenktüte loswerden. Über die CD, das wusste sie, wird sich die Sekretärin freuen, über Schlüsselanhänger, Schokolade und USB-Stick die Freunde aus der Kneipe, in die sie gerade fuhr. Und mit dem Damenparfüm, dachte sie, könnte der Taxifahrer etwas anfangen. Er hatte eine Freundin und nahm es gerne an.

»Die Annahme von Werbeartikeln oder sonstiger geringwertiger Gegenstände ist unbedenklich«, so steht es in Richtlinie 15.1 des Pressekodex. Die Journalistin könnte den Inhalt von Geschenktüten, wie sie am Ende von Veranstaltungen oft verteilt werden, ohne Anflug von schlechtem Gewissen behalten.

Pressereise für 25.000 Euro

Bedenklicher ist ein im Januar bekannt gewordener Fall: Eine Volkswagen-Tochter hatte eine Pressereise zu den Olympischen Spielen nach Peking mit bis zu 25.000 Euro pro Teilnehmer finanziert. Nachdem sich das Finanzamt geweigert hatte, die Reise als Betriebsausgabe zu versteuern, informierte VW die Redaktionen und bot pauschal 17.000 Euro oder mehr an. Inzwischen sei die Angelegenheit geklärt, sagt ein VW-Sprecher: Manche Redaktionen hätten die Kosten im Nachhinein selbst übernommen, andere nicht.

Nicht minder bedenklich war das Verhalten jener Journalisten, über die im Februar das NDR-Magazin Zapp am 25. Februar berichtete: Journalisten, die dem Bundesnachrichtendienst freimütig von ihrer Arbeit, ihren Kontakten und Kontakten von Kollegen erzählten – gegen Bares, andere materielle Vergünstigungen oder schlicht aus Redseligkeit und Lust am Prahlen.

Geschenke, Rabatte und gesponserte Reisen, Nebenjobs als PR-Spezialist, Redenschreiber oder Moderator werblich anmutender Veranstaltungen: Das sind die gängigen Varianten, wie sich Journalisten voller Skrupel, bedenkenlos oder ganz bewusst in Abhängigkeiten begeben und so in den Ruch geraten, interessengeleitet zu berichten. Kurt Tucholsky sagte einmal, der deutsche Journalist brauche nicht bestochen zu werden, sei er doch so stolz, eingeladen zu sein. Manchmal bedarf es noch weniger. Es reicht, ihre Eitelkeit mit Worten zu bedienen. Auch Nähe zur Macht kann korrumpieren.

Gefahr für die ganze Branche

Nicht alles ist verwerflich, nicht jeder bestechlich. Doch wo verläuft die Grenze zwischen Bedenklichem und Unbedenklichem? Es gibt viele Formen von B»akschischjournalismus«. Der Graubereich ist ausgeprägt. Doch seien die Vergehen groß oder klein: Sie gefährden, zerstören die Glaubwürdigkeit des Einzelnen, der Medienmarke, des Berufs, der ganzen Branche.

Presserabatt bei Air Berlin? Klar nutze er den, sagt einer der Berliner Alpha-Journalisten und ist erstaunt, wieso das unredlich sein soll. Der Rabatt stehe jedem Journalisten zu, und folglich sei es legitim, ihn zu nutzen, meint er – will sich damit aber nicht namentlich zitieren lassen.

Klar nutze er Journalistenrabatte, sagt auch der junge Kollege. Sein Gehalt als Festangestellter bei einer Lokalzeitung ist gering. Er muss zusehen, wie er mit dem Geld über die Runden kommt. »Das macht doch jeder, wer es nicht tut, ist selber schuld«, sagt er. Da er als Kulturredakteur nicht in die Verlegenheit komme, über die Reise- oder Autobranche zu schreiben, sei das kein Problem. Mit Namen genannt werden will er nicht.

»Ein Journalist wirbt nicht«

Wer weiß schon, worüber &hellip

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