Informationsanspruch
Die Reputation entscheidet

Presseanfragen sind Grundlage jeder Recherche. Eine aktuelleStudie zeigt nun: Journalisten von regionalen Zeitungen ziehengegenüber ihren Kollegen von auflagenstarken Topmedien oft denKürzeren.

von Janine Damm

Fast alle Journalisten, die in der Untersuchung befragt wurden, folgender Meinung ihres Kollegen Christian Fahn, Chefreporter desDonaukuriers aus Ingolstadt. Er sagt: »Es rufen zehn regionaleZeitungen an und die liegen dann schön brav hintereinander. Dannruft die Süddeutsche an und wird bevorzugt.«

Ist etwas dran am Verdacht, dass Anfragen der SüddeutschenZeitung, der Bild oder anderen nationalen Zeitungen und Fernsehsendernzuerst beantwortet werden? Oder bekommt die kleine Regionalzeitungdieselbe Chance auf ein Interview mit dem Spitzenpolitiker oderVorstandsvorsitzenden wie die überregionalen Qualitätsmedien?Mit dem Zusammenhang zwischen der Reputation eines Mediums und derAuskunftsfreude der Quellen hat sich nun erstmals einewissenschaftliche Arbeit an der Katholischen UniversitätEichstätt-Ingolstadt beschäftigt.

Informationsanspruch? Fehlanzeige

Alle Journalisten, egal für welches Medium sie arbeiten, habengegenüber staatlichen Institutionen einen Informationsanspruch,den die Landespressegesetze absichern. Und sie haben das Recht aufGleichbehandlung. Theoretisch. In der Praxis aber: oftmals Fehlanzeige.Extrem sei die Situation bei privat geführten Unternehmen, diegesetzlich keiner Auskunftspflicht unterliegen und frei entscheidendürfen, ob sie überhaupt mit Medien sprechen und wenn ja,wie. Chefreporter Christian Fahn: »Wenn ich bei einemWirtschaftsunternehmen anrufe, bin ich für die der Donaukurier,90.000 Auflage, irgendwo im flachen Land zwischen Nürnberg undMünchen.« Und so ist Fahn dann meist eher uninteressantfür das Unternehmen.

Für Publicity geschätzt: der Boulevard

Nach welchen Kriterien richten Pressestellen von Ämtern undBehörden einerseits – das heißt die zur AuskunftVerpflichteten – und die privaten Unternehmen andererseits ihreKommunikationsstrategie aus? Sind es die hohe Auflage und dieReichweite des Topmediums oder doch eher der gute Name eines kleinen,aber qualitativ hochwertigen Verlags?

Die Reputation eines Mediums spielt dabei eine entscheidende Rolle. Siesetzt sich nach überwiegender Meinung der befragten Journalistenwie auch Akteuren der »Gegenseite« aus einem Bündelverschiedener Faktoren zusammen. Dazu gehören vor allemVertrauenswürdigkeit, Glaubwürdigkeit, Ansehen,Verlässlichkeit und der Einfluss auf die Meinungsbildung.Letzteres wird eng mit der Auflage und der Reichweite eines Mediumsverknüpft.

Entgegen der Meinung der meisten der befragten Journalisten, dieglauben, dass die Kommunikationsprofis aus Politik, Behörden undWirtschaftsunternehmen bestimmte Medientypen wie den Boulevard meiden,stehen sie diesen Medien außerordentlich positiv gegenüber.Sie schätzen die Publicity, die ihnen ihre Präsenz dortbeschert.

Beispielsweise hat für die überwiegende Mehrheit derbefragten Quellen der Gegenseite – gleich ob Politiker,Behörden- oder Unternehmenssprecher – die Bild-Zeitung einehohe Reputation. Der Pressesprecher eines deutschenAutomobilherstellers etwa sagt: »Wir schrecken hier und dasicherlich vor dem Inhaltlichen der Bild zurück und sagen:‚Eigentlich passt es nicht wirklich richtig zu unsererMarke.‘ Aber trotzdem muss man die Bild-Zeitung durch ihregewaltige Auflage mit Sicherheit ein Stück weit als Leitmediumbezeichnen.«

Leitmedien werden bevorzugt

In welcher Reihenfolge Anfragen beantwortet werden, ist vonPressestelle zu Pressestelle verschieden. Die meisten beantworten sienach dem Kriterium der Aktualität und orientieren sich amspätesten Rückmeldungsdatum, das ein Journalist bei derAnfrage angegeben hat.

Nach dem »Windhund-Prinzip«, das heißt die schnellsteAnfrage zuerst, arbeitet etwa Detlef Puchelt, Leiter der Pressestelledes Bayerischen Landeskriminalamts. Er sagt: »Derjenige, derzuerst kommt, wird auch als erster bedient. Es läuft nicht nachdem Motto: ‚Ah, da hinten sehe ich den vom Spiegel – aufdie Seite, jetzt sprechen wir zuerst mit ihm.‘ Wir würdenuns dadurch mit allen anderen Journalisten verfeinden.«

Einige der Befragten der Gegenseite …

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