Hypes Und Flops
Hoffen auf die Wunderwaffe
Wird der iPad den Journalismus erneuern? Kann sich dieVerleger-Branche mit Paid Content retten? Vielleicht. Bisher jedochsind die meisten vermeintlichen Techno-Heilsbringer schnell gefloppt.
von Florian Treiß
Der 27. Januar 2010 wird wohl noch lange im kollektivenGedächtnis der Medienmacher bleiben, der Tag, als Apple-Boss SteveJobs mit seinem iPad die Ära des elektronischen Zeitunglesenseröffnete – und die Herzen der Verleger und Journalistenzunächst im Sturm eroberte.
»Ich habe das iPad in der Hand gehabt«, jubelte AndreasWiele kurz nach der Präsentation im Yerba-Buena-Center undveröffentlichte in Bild (29.1.2010) einen Erlebnisberichtüber seine erste Begegnung mit dem »Universalgenie«.Der Springer-Vorstand war eigens nach San Francisco gereist, um dieVorführung von Steve Jobs‘ neuestem Wurf live mitzuerleben.Nur ein Beleg dafür, welchen Stellenwert die gebeutelte Branchedem iPad beimisst.
Auch Steve Jobs selbst sucht den Schulterschluss mit den Verlegern: Erverkündete bei der Präsentation stolz, einen iBookstore zumVerkauf elektronischer Bücher für den iPad entwickelt zuhaben – ein Angriff auf Amazons E-Reader »Kindle«.Zudem holte Jobs den Digital-Vorstand der New York Times auf dieBühne: Martin Nisenholtz durfte Apple attestieren, dass das iPaddie Vorteile von Print- und Onlinewelt vereinen wird.
Schon seit Monaten loten die Verleger aus, wie sich in derApple-Welt Geld verdienen lässt: Springer ist der erste Verlag inDeutschland, der im großen Stil kostenpflichtige Mini-Programme(Apps) für das iPhone bereitstellt – als Testlauf fürdas iPad, das technisch ähnlich funktioniert, aber eingrößeres Display hat und daher den Bedürfnissen vonZeitschriften- und Zeitungsverlegern näherkommt. Doch ist das iPadtatsächlich der heilige Gral des 21. Jahrhunderts, der denJournalismus und die taumelnde Medienbranche retten wird? In denvergangenen Jahren sind viele Hypes um technologische und digitaleInnovationen entstanden, die den Journalismus nachhaltig ändern– und vielfach retten – sollten. Doch oft genug waren esnur Luftnummern, die schnell wieder aus der Welt waren. Andere hattenPotenzial, konnten sich aber bislang nicht durchsetzen; wieder andereetablieren sich mitunter gegen jede Prognose.
Handy-Fernsehen
Es ist erst vier Jahre her, da setzten trendbewusste Medienhäusergroße Hoffnung in das kostenpflichtige Handy-Fernsehen (vgl.Message 3/2007). Bereits zur Fußball-WM 2006 gab es ein erstesPilotprojekt, doch der geplante reguläre Start zurFußball-EM 2008 ging in die Hose.
Das letzte große Handy-TV-Projekt Mobile 3.0, an dem unteranderem die Verlage Burda und Holtzbrinck beteiligt waren, gab imHerbst 2008 seine Lizenz für den Übertragungsstandard DVB-Hzurück. Kurze Zeit später nahm die damalige Crossmedia-Chefinbei Burda, Christiane zu Salm, nach nur acht Monaten ihren Hut. DieHandy-TV-Pläne waren offenbar daran gescheitert, dass es fürNicht-Handynetzbetreiber schwierig ist, ein kostenpflichtigesFernsehangebot am Markt durchzusetzen, für das es zudem speziellerEndgeräte bedarf.
Die Netzbetreiber T-Mobile, Vodafone und O2 hatten sich vereintfür die DVB-H-Lizenz beworben. Doch die Landesmedienanstaltenvergaben sie an Mobile 3.0. Dem Projekt machten jedoch rasch Handyseinen Strich durch die Rechnung, die das normale und kostenloseDVB-T-Signal empfangen konnten.
Aus Mangel an TV-Erfahrung und fehlender Begeisterung bei denNetzbetreibern war Mobile 3.0 schnell zum Tode verurteilt.Vodafone-Deutschlandchef Friedrich Joussen sagte noch vor demRückzug von Mobile 3.0: »Ich werde kein Bezahl-TV auf demHandy unterstützen, solange die Gefahr besteht, dass Kunden dannweniger Geld für andere Dienste ausgeben« (Financial TimesDeutschland, 26.5.2008).
Auferstehung oder endgültiges Begräbnis?
Möglicherweise kommt es dieses Jahr aber zu einemWiederbelebungsversuch von Handy-Fernsehen: Die Landesmedienanstalten…
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