Afrika
Nachgefragt: Was und wem glauben Sie im Mali-Konflikt?

Verlässliche Informationen aus dem afrikanischen Krisengebiet sind rar. Message fragt europäische Journalisten, wie ihre Redaktionen mit der widersprüchlichen Nachrichtenlage aus Mali umgehen.

Wir waren für das finnische Fernsehen im Dezember 2012 in Mali, noch bevor die von Frankreich angeführte Militäraktion begonnen hatte. Das Schwierigste dort war, an verlässliche Informationen über die Strukturen der islamistischen Gruppen und der Tuareg im Norden des Landes zu kommen. Die malische Armee verweigerte die Zusammenarbeit und verbot uns, ihre Soldaten zu filmen. Ich wurde sogar verhaftet, als wir freiwillige Armeeangehörige filmen wollten.

In Mali selbst wird der Konflikt von den Medien und der politischen Elite sehr einseitig diskutiert. Die Tuareg werden mit Al Qaida und anderen islamistischen Gruppen in einen Topf geworfen. Dabei wird der langjährige ethnische Konflikt zwischen dem Staat und den Nomaden außer Acht gelassen.

In Mali werden die Franzosen größtenteils als Befreier gesehen, weil die Bedrohung durch die Islamisten allgegenwärtig war. Einige sehen jedoch auch andere Interessen hinter dem französischen Eingreifen. Allerdings findet man diese Einschätzungen eher im Nachbarland Burkina Faso, wo wir ebenfalls filmten.

Es ist auch jetzt immer noch schwierig, verlässliche Informationen zu sammeln. So gibt es Berichte über Repressalien malischer Soldaten gegen die Tuareg im Norden, doch weder die malischen Medien noch die französische Armee veröffentlichen Informationen darüber.

Marko Lönnqvist ist Fernsehjournalist beim finnischen Fernsehsender YLE.

 

Ich empfinde die Nachrichtenlage in Mali nicht, wie von der Fragestellung impliziert, als »widersprüchlich«. Ich versuche hier als Redakteur, möglichst unideologisch und pragmatisch zu denken. Mir scheint, die große Mehrheit der Bevölkerung in Mali ist glücklich über die Intervention und empfindet die Franzosen tatsächlich als Befreier. Die Informationslage scheint mir nicht sehr kompliziert. Die Facts lassen sich in ein paar Zeilen zusammenfassen. Die Frage ist, wie man das Geschehen einordnet. Die meisten Medien, die ich lese – auch zum Beispiel Jeune Afrique – verfolgen einen differenzierten, etwas ambivalenten Kurs: Sie sind nicht gerade glücklich über die Anwesenheit der ehemaligen Kolonialisten, aber sehen sie als das kleinere Übel. Sehr Frankreich-kritische Berichterstattung ist selten. Sie wurde hier – vor allem in einer ersten Phase des Krieges – zum Beispiel von der linken WOZ verfolgt.

Ich bin geradezu froh um den Newsletter, den ich regelmäßig von einer Assoziation namens »Africains du Monde« (über deren Identität ich kaum etwas weiß) erhalte, die der »Operation Serval« sehr kritisch gegenübersteht. Ihre Argumentation empfinde ich als doktrinär, weil es ihnen nicht um das Wohl der Malier geht, sondern um abstrakte Ideen (»Afrika« versus »der Westen«). Aber ich lese ihre Mailings, als Gegengewicht.

Kurz: Wenn mit diesem Eingreifen sowohl dem Westen wie auch den Maliern geholfen ist, sollte man sich nicht afrozentrischer als die Afrikaner selber geben. Das wäre nicht kritischer, sondern zwanghaft-kritischer, also ideologischer Journalismus.

Dr. David Signer ist Afrika-Redakteur in der Auslandsredaktion der Neuen Zürcher Zeitung.

 

Eine differenzierte Berichterstattung über den Konflikt hat es in Österreich bisher kaum gegeben. Der französische Militäreinsatz wurde nur bis zur Rückeroberung der wichtigsten Städte im Norden Malis verfolgt. Andere Aspekte sind fast völlig unter den Tisch gefallen.

Die Berichterstattung zu Mali speist sich fast ausschließlich aus französischen Quellen und Medien. Dass »embedded journalists« im Einsatz sind und es kaum unabhängige Informationen aus dem Krisengebiet gibt, wurde – anders als im Irak-Krieg 2003 – so gut wie nicht thematisiert.

Wichtig ist österreichischen Medien der »Österreich-Aspekt«. Das gilt für die Boulevard-Blätter und die Austria Presse Agentur, aber auch der ORF und die Qualitätszeitungen können sich dem nicht ganz entziehen. Entsprechend breit wurde deshalb über den Einsatz einer Handvoll Ärzte des Bundesheeres in der EU-Ausbildungsmission in Mali berichtet.

Julia Raabe ist Redakteurin im Ressort Außenpolitik des Standard (Wien).

 

Afrika wird in lettischen Medien generell wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Als die malische Regierung im März 2012 gestürzt wurde, erschienen nur ein paar kurze Beiträge in den Zeitungen. Das Material stammte meist von ausländischen Medien. Berichte aus erster Hand gibt es kaum – eine Ausnahme ist der Bericht der EU-Korrespondentin von Latvian Radio, Ina Strazdina. Sie reiste nach Bamako sowie Koulikoro und sprach dort mit malischen Bürgern und Offiziellen.

Über den schwierigen Zugang zu Informationen vor Ort erfährt das Publikum fast nichts. Auch sind die Rollen in dem Konflikt in lettischen Medien klar verteilt. Die Rebellen werden als potenzielle terroristische Bedrohung für Europa dargestellt und die französische Armee als Befreier, die die malische Regierung im Kampf gegen die Sharia unterstützt.

Die Lettin Aleksandra Jolkina ist Journalistin und promoviert derzeit in London.

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