Stiftungsjournalismus
Mit dem Geld der Superreichen
Der amerikanische Investigativ-Journalismus gerät in der Krise unter die Räder. Vermögende Stiftungen versuchen sich jetzt als Retter in der Not und fördern gezielt Recherche-Projekte – mit Erfolg.
von Hans J. Kleinsteuber
Zu den größten Verlierern der US-Medienkrise gehört der investigative Journalismus. Eine Untersuchung von 2005 – als manches noch nicht so schlimm war – zeigt, dass von den hundert größten Zeitungen des Landes 37 keinen vollzeittätigen investigativen Journalisten beschäftigten. Und nur zehn Zeitungen derer mindestens vier.
Das Fernsehen bietet keinen Ausweg, es ist kommerziell orientiert, leidet unter ähnlichen Rahmenbedingungen und ist oft in der Hand derselben geldgierigen Großkonzerne. Einen öffentlichen Rundfunk nach europäischem Vorbild, der die Abwärtsentwicklung kompensieren könnte, gibt es nicht. Die öffentlichen Stationen von NPR-Radio und PBS-Fernsehen tun zwar ihr Bestes, aber ihre Finanzierung ist wackelig: Sie beruht auf Bürgerspenden und staatlichen Zuweisungen. Das journalistische Angebot der öffentlichen Stationen beeindruckt, aber die Reichweite ist gering, beim Fernsehen kaum mehr als 2 Prozent, beim Radio etwas höher. Der investigative Journalismus ist unter die Räder gekommen.
Marshall-Plan für die Medien
Die Medienkrise bedeutet im Kern, dass tradierte Finanzierungsformen wegbrechen: Einnahmen aus Werbung und Verkauf reichen nicht mehr aus, schon gar nicht für den kostenfressenden investigativen Journalismus. Rettung ist nur möglich, wenn neue Geldquellen erschlossen werden (vgl. Message 2/2009). Diskutiert wird dabei insbesondere auch über Stiftungen als Geldgeber. Von einem Marshall-Plan für die Medien ist die Rede.
In den USA hat das Stiftungswesen eine lange Tradition. Der zum Millionär gewordene Geschäftsmann genießt hohe Anerkennung, aber von ihm wird auch erwartet, dass er der Gesellschaft etwas zurückgibt. Die reichsten Familien – die Rockefellers, die Fords und die Ga
tes – sahen und sehen sich als Philanthropen, spenden Milliarden, um Gutes zu tun und als Wohltäter in Erinnerung zu bleiben.
Neue Formate erproben
Manche Stiftungs-Dollars endeten auch bisher schon im Medienbereich. Für das Jahr 2005 etwa meldete das Foundation Center einen Geldfluss von insgesamt mehr als 150 Millionen US-Dollar. Führend war lange Zeit die Knight Foundation. Ihr Motto: »We make grants to help transform journalism and communities«. Die Foundation wurde einst gegründet aus einer Verlegerfamilie, die seit 1950 knapp 300 Millionen US-Dollar für Medien und Journalismus zur Verfügung stellte.
Traditionell flossen amerikanische Stiftungsmittel eher in Randbereiche wie Ausbildung und Weiterbildung, in Medienhilfe für die Dritte Welt oder in die Umstellung auf digitale Medien. Ohne die Unterstützung der Stiftungen müsste manche Journalism School dichtmachen.
Da wird etwa mit Millionengeldern das Projekt News 21 von der Knight- und der Carnegie-Stiftung nach dem Motto gefördert »preparing future media leaders«. Studierende erhalten Geld, um neue Formate zu erproben und Routinen zu erwerben. Sie stellen ihre Produkte auf einer eigenen Website vor, manche finden auch den Weg in Mainstream-Medien. Dadurch sind Studierende nicht mehr auf Trockenübungen im Labor angewiesen, sie können unter Anleitung investigativer Veteranen ihr eigenes Projekt durchführen – mit großzügiger Förderung (etwa Reisen nach Europa) und einer Chance auf Veröffentlichung ihrer Geschichten. Welcher Studierende träumt nicht davon?
Das Prinzip Unabhängigkeit
Das derzeit interessanteste stiftungsfinanzierte Journalismus-Projekt ist fraglos Pro Publica. Gegründet im Jahr 2007, ist die Organisation seit Anfang 2008 aktiv (vgl. Message 1/2008). In Manhattan unterhält Pro Publica eine Redaktion von 28 Journalisten, die nach den Prinzipien Unabhängigkeit und Non-Profit arbeitet.
Fertige Storys werden aktiv vermarktet: Zuerst erhalten traditionelle Nachrichtenmedien ein kostenloses Exklusiv-Angebot, danach erscheinen die Recherchegeschichten auf der Pro-Publica-Website.
Zudem kündigte die amerikanische Nachrichtenagentur AP jüngst an, dass künftig über den webbasierten News-Dienst »AP Exchange« die Kunden mit Pro-Publica-Material versorgt würden. Hinzu komme Material auch aus anderen stiftungsfinanzierten Redaktionen.
Hauptförderer von Pro Publica mit jährlich 10 Millionen US-Dollar ist …
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