Recherche
Der große Knall
Bei einem Waffendeal zwischen Finnland und Slowenien flossenSchmiergelder in Millionenhöhe. Zwei Journalisten deckten denSkandal auf und trugen zum Sturz der slowenischen Regierung bei.
von Blaž Zgaga
Patria, der staatseigene finnische Rüstungs-konzern, hat denPremierminister Sloweniens bestochen«. Mit diesen Worten schlossdie Fernsehdokumentation »Die Wahrheit über Patria«des finnischen Journalisten Magnus Berglund. Die Sendung wurde am 1.September 2008 vom finnischen Rundfunksender YLE ausgestrahlt underregte die Gemüter der Zuschauer in Finnland und Slowenien.Zeitgleich veröffentlichte die alternative slowenischeOnline-Tageszeitung Vest, die sich häufig heikler Themen annimmt,einen Artikel mit dem Titel »Patria hat Janez Jansabestochen«.
Beide Beiträge berichteten über die Zahlung vonSchmiergeldern in Zusammenhang mit einem Waffendeal: Beim Kauf von 135finnischen Panzerfahrzeugen im Wert von 278 Millionen Euro flossen 21Millionen Euro, also 7,5 Prozent, für den reibungslosen Ablauf desGeschäftes. Die Bestechungsgelder wurden von slowenischen Beamten,Militärs und Politikern eingestrichen, einschließlich desRegierungsoberhauptes, Premierminister Jansa. In diesemgroßflächigen und komplizierten Fall internationalerKorruption ermittelt die finnische, österreichische undslowenische Kriminalpolizei bis heute.
Benachrichtigung der finnischen Kollegen
Die Geschichte begann am 8. Mai 2008. Als ich damals dieAbendnachrichten hörte, traute ich meinen Ohren nicht. DerVertreter von Patria in Slowenien, Andrey Mladenov, drohte, dass seinUnternehmen eine Verleumdungs- und Schadensersatzklage gegen Slowenienin Erwägung ziehe. Der Grund: Einige Parlamentsmitglieder stelltenNachforschungen über angebliche »Firmengeheimnisse« inZusammenhang mit einem Waffengeschäft an. Der slowenischeVerteidigungsminister Karl Erjavec fügte sich bereitwilligMladenovs Forderungen.
Ich fragte mich: »In was für einem Land lebe ich eigentlich?Erst hindert Patria die gewählten Volksvertreter lange daran,Einzelheiten über dieses Geschäft in Erfahrung zu bringen,und jetzt drohen sie mit einer Verleumdungsklage. Und sogar derzuständige slowenische Minister stärkt ihnen denRücken!« In diesem Moment wurde mir klar, dass etwasunternommen werden musste. Ich konnte nur eines tun, nämlich diefinnischen Kollegen über die seltsamen Entwicklungen in Slowenieninformieren. Also schrieb ich am nächsten Tag eine lange E-Mailmit einer Chronologie sowie den wichtigsten Fakten und schickte sie an29 verschiedene Mail-Adressen finnischer Journalisten.
Erster Kontakt und Treffen
Die Resonanz ließ nicht lange auf sich warten. Besondersvielversprechend war eine Mail, die ich am 12. Mai bekam. Sie begannmit dem Satz: »Hallo Blaž! Ich arbeite als Wirtschaftsjournalistbeim finnischen Rundfunk.« Magnus Berglund stellte sich kurz vorund deutete an, dass er noch viel mehr über die Angelegenheitwisse. Am wichtigsten war aber, dass er Slowenien besuchen und dortweitere Recherchen durchführen wollte. Er fügte an, dass dieAusstrahlung seiner Dokumentation bereits für den 1. Septembergeplant sei, und schlug vor, dass wir exklusiv zusammenarbeiten sollten.
Unser Traum vom Exklusivbericht platzte schon am nächsten Tag– zumindest teilweise. Leider hatte ich viele Mails an unbekanntefinnische Kollegen geschickt. Finnlands zweitgrößteTageszeitung, Aamulehti, veröffentlichte daraufhin einen Berichtüber die Verwicklung des Patria-Konzerns in die parlamentarischeUntersuchung in Slowenien. Gleichzeitig führte die finnischePolizei eine Razzia bei Patria durch und nahm mehrere Mitgliederder Geschäftsleitung fest.
Ich berichtete Magnus Berglund von der parlamentarischen Untersuchungund anderen Ereignissen in Slowenien, er informierte mich über diepolizeilichen Ermittlungen in Finnland. Von Tag zu Tag und von Woche zuWoche arbeiteten wir enger zusammen, unser gegenseitigesVertrauen wuchs.
Schließlich empfing ich Magnus zu seinem Aufenthalt inSlowenien vom 11. bis 14. August. Zunächst wusste ich nicht, wasmich erwartete. Unserer Korrespondenz nach zu urteilen schien er einzuverlässiger und professionell arbeitender Journalist zu sein.Aber ich kannte ihn noch nicht persönlich und konnte daher nichteinschätzen, wie vertrauenswürdig er war. Sofort nach seinerAnkunft trafen wir uns zum Abendessen. Der wichtigste Teil des Treffenswar die erste halbe Stunde, als wir abcheckten, ob wir einander trauenkonnten. Aus diesem ersten Gedankenaustausch entstand unseredreitägige intensive Recherche – unsere Zusammenarbeitdauert auch heute noch an.
An diesem ersten Abend vertraute er mir die Struktur derSchmiergeldzahlungen an. …
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