Journalistenausbildung
Distanzierte Nähe?
41 Prozent der journalistischen Ausbildungen verweisen auf Public Relations als alternatives Berufsfeld. Jeder fünfte Journalismus-Dozent hat PR-Bezug. Eine Spannungsfeld-Studie.
von Thomas Kutschbach
Wer Journalistik studiert, als Volontär arbeitet oder einen der begehrten Plätze an einer Journalistenschule ergattert hat, wird Redakteur. Oder auch nicht. Die Jobaussichten sehen alles andere als rosig aus, doch trotzdem fasziniert der Journalistenberuf immer noch viele junge Menschen. »Die Arbeitsmarktsituation ist schon seit zehn Jahren relativ schlecht. Das hat aber bisher Überhaupt keine Auswirkung auf die Nachfrage gehabt«, wundert sich Kurt Weichler. Er ist verantwortlich für den viel diskutierten Bachelorstudiengang Public Relations und Journalismus an der Fachhochschule Gelsenkirchen. Auf der eigenen Internetseite wird das Studium als »eine einzigartige Verknüpfung« gerühmt.
Doch wie einzigartig ist diese Vermischung von PR und Journalismus in der Ausbildung wirklich? Auch andere Studiengänge haben die Verbindung der beiden Kommunikationsformen als Nische entdeckt: An der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg wird ein B.A. Technikjournalismus/PR angeboten, an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft können sich Unentschlossene in einen Bachelor-Studiengang Journalismus und Unternehmenskommunikation einschreiben. Mit einem M.A. Fachjournalismus und Unternehmenskommunikation lockt die Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt. Oder wie wäre es mit dem Ausbildungsgang Modejournalismus/Medienkommunikation an der Akademie Mode & Design?
Die Verbindung von Journalismus und Public Relations ist für Ausbildungsstätten durchaus lukrativ. Lockt das Reizwort Journalismus idealistische junge Menschen, bieten Public Relations alternative Berufschancen, falls es mit dem Journalismus doch nichts werden sollte. Das haben längst nicht nur die Einrichtungen erkannt, die explizit kombinierte Ausbildungen anbieten. Eine Studie an der Universität Leipzig hat in einer Inhaltsanalyse der Webseiten von 39 Journalismus- oder Journalistik-Studiengängen, 23 Ausbildungen an Journalistenschulen und sieben überbetrieblichen Volontärsangeboten festgestellt, dass der Bezug auf Public Relations als mögliches Tätigkeitsfeld kein seltenes Phänomen ist.
In der Studie wurden die Internetauftritte in fünf Abschnitten analysiert: Neben den Selbstdarstellungen der Institutionen und den Kurzvorstellungen der einzelnen Ausbildungen sind auch die Lehrveranstaltungen des Wintersemesters 2010/2011, die Modulpläne und die Dozentenlisten auf PR-Hinweise überprüft worden. Die Studie unterschied zudem, ob das Berufsfeld Öffentlichkeitsarbeit im Fokus der Ausbildung stand oder aber die kritische Auseinandersetzung mit Public Relations als Vorbereitung auf die spätere Arbeit als Journalist. Im Anschluss sind die Ergebnisse mit zehn Verantwortlichen verschiedener Ausbildungsstätten diskutiert worden.
Die Resultate belegen, dass die Trennlinie zwischen Journalismus und Public Relations in der Journalisten-Ausbildung längst nicht so strikt gewahrt wird, wie man vielleicht vermuten könnte. Bei fast einem Drittel der untersuchten Selbstdarstellungen finden sich Hinweise auf Public Relations – fast ausschließlich zur Vorbereitung auf ein alternatives Berufsfeld.
»Gute Journalisten machen bessere PR«
Könnten in diesem ersten Abschnitt noch Verzerrungen als Erkärung herhalten, weil an vielen Fakultäten und Instituten parallel auch reine PR-Studiengänge angeboten werden, liefert die Analyse der Programmbeschreibungen ein genaueres Bild. Und hier ist das Ergebnis sogar noch deutlicher. Weniger als die Hälfte der Journalisten-Ausbildungen zeigen keinen PR-Bezug. 41 Prozent verweisen auf Öffentlichkeitsarbeit als alternatives Berufsfeld. Von einem Abstandhalten zu Public Relations kann in der Selbstdarstellung vieler Ausbildungseinrichtungen also keine Rede sein.
Auch in den Lehrinhalten …
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