Hackgate
Nicht die feine englische Art
Der Abhörskandal der News of the World war nur die konsequente Fortsetzung des Niedergangs der journalistischen Kultur in Rupert Murdochs Medienimperium. Ein Sittengemälde.
von Reiner Luyken
Vor etlichen Jahren bat ich News International um ein Interview mit Rupert Murdoch. Die Pressesprecherin gab mir zu verstehen, er sei nur für »objektive« Journalisten zugänglich. Ein Zeit-Reporter gehörte offensichtlich nicht in diese Kategorie. Das gewünschte Thema – Journalismus und Ethik in der neuen Medienwelt – nötigte ihr einen Lachanfall ab. »Was hat das denn mit Journalismus zu tun?«
Als der 80-jährige Murdoch und sein Sohn James im Juli dieses Jahres vor einem Ausschuss des Londoner Unterhauses erschienen, hielt der Alte bei der ersten Frage seine Hand wie eine Hörmuschel hinter sein Ohr und beugte sich unsicher dem Fragesteller zu. Meistens ließ er seinen Sohn reden. Nur hin und wieder mischte er sich ein, schlug mit der Hand auf den vor ihm stehenden Tisch und erklärte, er fühle sich gedemütigt und schockiert über das, was in seinem Konzern passiert sei. Menschen, denen er vertraut habe – wieder schlug er mit der Hand auf den Tisch –, hätten das in sie gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt. Sie hätten ihn hintergangen. Am nächsten Tag berichteten Zeitungen, Murdoch sei die Kontrolle über sein Imperium entglitten. Ein gealterter Mann, menschlich und mit sehr menschlichen Schwächen. Keine Spur von einem arroganten und gefürchteten Medienzar.
Durchtriebener Ganove
Wie die Medienmeinung sich irrte! Der Auftritt war das Meisterstück eines durchtriebenen Ganoven. Nicht zum ersten Mal erklärte er, er dulde es nicht, dass seine Zeitungen »die besten Traditionen des Boulevardjournalismus« in Misskredit brächten. 1995 gab er sich beschämt, als die News of the World eine völlig geschmacklose Story über Prinzessin Dianas Schwägerin Victoria veröffentlichte. Im Juli dieses Jahres, als der Abhörskandal ihm keine andere Wahl mehr ließ und er in einem unternehmerischen Handstreich die News of the World einstellte, platzierte er ganzseitige Anzeigen in mehreren Zeitungen, die verkündeten: »Wir entschuldigen uns. Unser Konzern basiert auf der Idee einer freien, transparenten Presse und ihrer positiven Rolle in der Gesellschaft. Ein Anspruch, dem wir gerecht werden müssen.«
Doch Murdoch verfolgte nie einen anderen Anspruch als den nach Geld und Macht. Und das seit 1969, als er die News of the World und die Sun kaufte, Letztere für lächerliche 800.000 Pfund, nachdem er der Druckergewerkschaft Zusicherungen gemacht hatte, an die er sich nicht hielt. Es war der Beginn einer Ära, die nicht nur die Zeitungslandschaft in England grundlegend veränderte ……
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