Al Jazeera
»Bloß kein Öl ins Feuer gießen!«
Der Nachrichtenchef von Al Jazeera, Ibrahim Helal, spricht im Message-Interview über die Rolle des arabischen Senders in der aufgeheizten Stimmung zwischen Orient und Okzident.
Herr Helal, der amerikanische Film über den Propheten Mohammed und die Karikaturen im französischen Magazin Charlie Hebdo bringen die Emotionen in Teilen der arabischen Welt derzeit zum Kochen. Wie geht Al Jazeera mit dem Thema um?
Ibrahim Helal: Wir berichten über Demonstrationen gegen den Film in der arabischen Welt und die angespannte Lage wegen der Karikaturen. Dabei legen wir großen Wert darauf, bloß kein Öl ins Feuer zu gießen. Unser Redaktionsstatut sagt eindeutig, dass wir in jeder Situation ausgewogen berichten. Wir bleiben stets auf Distanz zu beiden Seiten und erlauben uns als Sender keine Wertungen – wir kritisieren niemanden. Deshalb haben wir in einem aktuellen Beitrag auch die Aussage eines Redakteurs des französischen Magazins in die Berichterstattung über den Aufschrei im muslimischen Teil der Gesellschaft Frankreichs eingebaut.
Natürlich berichten Sie über die Demonstrationen, den Aufruhr und die brennenden Botschaften. Aber wagt sich Al Jazeera über die reine Nachricht hinaus? Erklären Sie Hintergründe?
Da sind wir vorsichtig. Wegen des großen Einflusses von Al Jazeera in der arabischen Welt haben wir im aktuellen Fall nicht die Liste ähnlicher Vorfälle aus der Vergangenheit ausgegraben. Wir haben uns ausdrücklich dagegen entschieden, unser Publikum an die dänischen Karikaturen zu erinnern. Denn sobald die Zuschauer merken, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelt, könnten sie das als gezielte Provokation des Westens verstehen.
Dann haben Sie den gesamten Hintergrund dieser Auseinandersetzung einfach totgeschwiegen?
Nein! In unseren Talkshows sind einige der Gesprächspartner darauf eingegangen. Für unser zum größten Teil muslimisches Publikum von rund 57 Millionen Zuschauern war es wichtig zu erfahren, dass nicht das Christentum für die erneute Provokation verantwortlich gemacht werden kann, sondern es sich um das Werk von Ideologen handelt, die ihre Meinungsfreiheit ausleben Um das deutlich zu machen, hatten wir auch den Berater von US-Präsident Barack Obama für religiöse Angelegenheiten zu Gast, der erklärt hat, seine Regierung habe nichts mit dem Film und dessen Entstehung zu tun.
Inwiefern unterscheidet sich ihre Herangehensweise an die brisante Thematik von der anderer Sender?
Wegen unseres bereits angesprochenen Einflusses fühlen wir uns dazu verpflichtet, noch vorsichtiger und verantwortungsbewusster zu sein. Westliche Medien wie CNN oder die BCC können sehr viel freier über solche Themen berichten, ohne Gefahr zu laufen, gleich einen Sturm der Empörung auszulösen. Wenn wir auch nur eine Sekunde über eine solche Aktion berichten, gibt es definitiv Aufregung unter unseren Zuschauern.
Wie versucht Al Jazeera zwischen den Kulturen zu vermitteln? Erklären Sie in Ihrem Programm beispielsweise das westliche Verständnis von Pressefreiheit?
Natürlich. Wir müssen unseren Zuschauern erklären, …
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