Bereits zum neunten Mal haben Journalistik-Studierende für Netzwerk Recherche (NR) den „Nestbeschmutzer“ produziert. Diesmal musste die Zeitung für die Besucher:innen der NR-Jahreskonferenz in Hamburg ganz schnell fertig werden. Denn von Semesterstart bis zur Tagung am 16./17. Juni waren es gerade mal zehn Wochen. Sonst war immer ein ganzes Semester Zeit.
Wegen der knappen Frist entschieden sich die Projektleiter Prof. Dr. Volker Lilienthal und sein Doktorand Malte Werner diesmal, eine reine Interviewausgabe zu produzieren. Für die Gespräche rund um Fragen der journalistischen Profession konnten auch Prominente wie Armin Wolf vom ORF gewonnen werden: „Ich operiere, was kommt“, so die provokante Überschrift. Manuel Stark sprach über den neuen Erzähljournalismus, Insa van den Berg über Sozialjournalismus und wie man die Erfahrungen benachteiligter Menschen in die Medien holt. (mehr …)
Herr Wolf, ein Kollege von Ihnen hat gesagt, man könne ein gelungenes Interview mit einer guten Soße vergleichen. Welche Zutaten dürfen ihrer Meinung nach nicht fehlen?
Ich würde das gar nicht so vergleichen. Ein gutes Interview ist ein Interview, nach dem man mehr über das Thema oder die Person weiß als vorher und sich dabei möglichst nicht gelangweilt hat.
War das denn nun eine gelungene Einstiegsfrage?
Für jemanden wie mich, der nicht kochen kann: Nein. (lacht) (mehr …)
Frau Pitzer, Hans Jürgen Jakobs, früherer Handelsblatt-Chefredakteur und auch Medienjournalist, hat jüngst ein düsteres Bild vom aktuellen Zustand des deutschen Medienjournalismus gezeichnet. Stimmen Sie ihm zu?
Ich teile seine Ansicht nur sehr bedingt. Also ja, Medienjournalismus ist Nischen-Journalismus. Und ja, er ist in den vergangenen Jahren vor allem in den klassischen Medien massiv abgebaut worden. Aber was man nicht übersehen darf, ist, dass auf der anderen Seite auch sehr viel aufgebaut worden ist. Es gibt eine ganze Reihe von Diensten, von Blogs, von Fachinformationen online, die sich gerade auch mit dem Bereich Social Media im weitesten Sinne beschäftigen. Es geht um die Frage, wie Menschen Medien konsumieren. Und damit befassen sich Journalist*innen eigentlich relativ viel. Das hat eben nicht mehr so einen festen Platz wie früher eine Rubrik wie »Medienjournalismus«. (mehr …)
Frau van den Berg, Sie berichten als freie Journalistin über sozialpolitische Themen. Woher kommt ihr Interesse daran?
Ich glaube, am Anfang war es wie bei vielen anderen Journalist*innen. Mich haben Fragen um Gerechtigkeit und Gleichheit umgetrieben und dazu motiviert, diesen Beruf zu ergreifen.
Wie nehmen Sie das Interesse an sozialen Themen wahr? Müssen Sie für Ihre Geschichten kämpfen?
Das hat sich verändert. Zu Beginn meiner Laufbahn habe ich es so empfunden, für soziale Themen kämpfen zu müssen. Inzwischen habe ich diesen Eindruck viel seltener. Als Freie kann ich entscheiden und Redaktionen meine Themen anbieten. Das gelingt fast immer. (mehr …)
Frau Moore, Sie waren Anfang Mai auf der World Press Freedom Day Konferenz in New York City. Wer hatte eingeladen und worum ging es da?
Die Weltkonferenz wird jährlich von der UNESCO organisiert. Der Fokus lag in diesem Jahr auf der Bedeutung von Pressefreiheit für die Verwirklichung der anderen Menschenrechte. Bei der Konferenz trifft sich die globale Community, bestehend aus Journalist*innen, NGOs, Regierungsvertreter*innen und Akteuren der Medienentwicklung. (mehr …)
Frau Turati, Mexiko gilt als das gefährlichste Land für Journalist*innen, dabei herrschen offiziell weder eine Diktatur, noch Bürgerkrieg. Wie würden Sie die Situation für Medienschaffende beschreiben?
Seit 2006 der Krieg gegen den Drogenhandel erklärt wurde, hat die Gewalt zugenommen. Armee, Marine und Bundespolizei haben für die Kartelle gearbeitet, die sie doch eigentlich bekämpfen sollten. Es gab zehntausende Tote, inzwischen spricht man sogar von hunderttausenden, mehr als 100.000 Menschen sind verschwunden. Viele Journalistinnen wurden ermordet, Regina Martínez in Veracruz oder Miroslava Breach in Chihuahua. Obwohl sich Mexiko nicht im Krieg befindet, steht es seit vielen Jahren an erster Stelle bei der Zahl der Morde an Journalisten und übertrifft manchmal Länder wie Syrien, Irak oder Ukraine. (mehr …)
Frederik, was ist das Besondere an Datenjournalismus?
Vor allem, dass man eine ganze Quellen-Sorte mehr hat, für die man ein eigenes Know-how braucht. Du musst verstehen, wie Daten entstehen, wie man sie untersuchen und analysieren kann. Und man muss extrem viel Frustrationstoleranz mitbringen, weil mit Daten arbeiten schwierig ist. Du bekommst nie das, was Du eigentlich haben wolltest, sondern musst sie mit sehr viel Handarbeit nutzbar machen. (mehr …)
Herr Thurman, Sie erforschen den Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Lokaljournalismus. Worum geht es genau?
Wir arbeiten mit Lokalredaktionen zusammen, um herauszufinden, wie sie Automatisierung und künstliche Intelligenz zur Verbesserung ihrer Abläufe nutzen können. Unser Ziel ist es, ihre Produkte – Websites, Nachrichtenplattformen, aber auch ihre gedruckten Blätter – zu optimieren, ohne dabei die eigene Verantwortung zu untergraben. (mehr …)
Penelope Abernathy ist eine Pionierin in der Forschung zu Nachrichtenwüsten. Wie blickt sie auf die Entwicklung der Medienlandschaft in den USA und was könnte Deutschland drohen?
Prof. Abernathy, Sie erforschen die Entstehung von Nachrichtenwüsten in den USA. Wie schlimm ist es?
In mehr als 200 der 3.100 Landkreise in den USA existieren keine Nachrichtenmedien mehr. Die Hälfte hat nur noch eine lokale Nachrichtenquelle. Tageszeitungen fehlen sogar in zwei Dritteln der Landkreise. (mehr …)
Herr Buschow, was ist Ihnen Journalismus aktuell monatlich wert?
Die meisten Abos, die ich habe, werden jährlich abgebucht. Da fällt es gar nicht so leicht, spontan eine exakte Zahl zu nennen.
Können Sie mir denn sagen, ob Sie Online- oder Print-Abos abgeschlossen haben?
Das ist mittlerweile alles digital. Ich selbst gehöre zu der Generation, die dem Papier zumindest noch eine Chance gegeben hat. Aber die Blätter fliegen dann rum, werden nicht vollständig gelesen – und am Ende ist es auch eine Frage des CO2-Fußabdrucks. Wir wissen allerdings, dass Mediengüter in physischer Form – wie DVDs oder jetzt auch wieder Vinyls – grundsätzlich eine höhere Zahlungsbereitschaft hervorrufen als ihre digitale Form. (mehr …)