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Die beste Ausbildung für angehende Arbeitslose
Wie müssen sich journalistische Studiengänge im digitalen Wandel verändern?
von Joana Ekrutt und Tobias Ahrens
„You better don’t go out without multimedia skills”, beendete Karin Boczek von der Technischen Universität Dortmund ihren Vortrag über die journalistische Ausbildung unter digitalen Vorzeichen. Journalisten und Wissenschaftler waren sich auf der Tagung zum Digitalen Journalismus in Hamburg weitgehend einig, dass sich die Ausbildung des Nachwuchses verändern muss. Denn ohne Skills fehlt am Ende die Jobperspektive.
„Das Problem bei der universitären Journalistenausbildung ist, dass die Curricula relativ starr sind“, brachte Boczek die Problematik einer sich schnell verändernden Medien- und einer eher trägen Hochschullandschaft auf den Punkt. Ihr Lösungsansatz: „Interaktivität und Multimedialität praktisch üben“. Mit Drittsemestern des Bachelorstudiengangs Journalistik in Dortmund hatten sie und Gerret von Nordheim an einem Multimedia-Projekt zum Storytelling, dem modernen Geschichtenschreiben im Web, gearbeitet. „Da sind die Studenten noch keiner Routine unterlegen. Die Denke ist noch offen für Neues“, beobachteten die Lehrenden. Nicht nur die Einbeziehung von Bildern und Videos in ihren Reportagen lernten die Nachwuchsjournalisten auf diese Weise, sondern auch den professionellen Umgang mit Twitter und Facebook. Trotz des starren Lehrplans konnten Boczek und von Nordheim ihre Studierenden auf diese Weise mit digitalen Ansätzen der journalistischen Arbeit vertraut machen.
Managementskills statt Reportagen schreiben
Die Ausbildung innovativer zu gestalten sei heutzutage essentiell, sagte Stephan Weichert, Professor an der Hamburg Media School (HMS). „Wir hängen der digitalen Entwicklung hinterher. Unsere Hochschullehrer müssen sich weiterentwickeln, um junge Journalisten vernünftig ausbilden zu können“, forderte er. Daher sei sein Anspruch an den Masterstudiengang Digital Journalism, den er seit 2013 an der HMS leitet, eine „Innovationsschmiede für den digitalen Journalismus“ zu sein. Er bedauerte, dass viele sogenannte „Digital Talents“ in andere Bereiche abwandern würden, weil sie dort bessere Zukunftschancen sähen. Dadurch gingen dem Journalismus viele kluge Köpfe verloren.
Der berufsbegleitende Studiengang an der HMS legt Wert auf die Vermittlung von Führungswissen und Managementkompetenzen. Dass heute noch jeder Journalist in der Ausbildung lernen müsse, wie man eine Reportage oder Glosse schreibt, bezweifelt Weichert. „Das ist heute nicht mehr so wichtig“, sagte er und rüttelte mit dieser Aussage nicht nur an bestehenden journalistischen Traditionen, sondern irritierte auch so manchen Zuhörer im Saal.
Kein Platz für Inhalte
Wie wandelbar die Ausbildung im Onlinejournalismus sein kann, verdeutlichte Professor Lorenz Lorenz-Meyer von der Hochschule Darmstadt. Dort versuchen er und seine Mitarbeiter seit 14 Jahren dem digitalen Zeitalter in der Ausbildung zu entsprechen. Dafür sei es wichtig, mit Leuten aus der Praxis zu arbeiten. Kooperationen mit großen Medienhäusern seien deshalb üblich.
„Was dann oft fehlt“, merkte Lorenz-Meyer an, „ist die inhaltliche Ausbildung.“ Die Studierenden könnten zwar die einzelnen Instrumente des Online-Journalismus bedienen, aber nicht mit Inhalt füllen. Deshalb appelliere Lorenz-Meyer an die Studierenden, sich ihren Leidenschaften zu widmen, um sich tief in ein Themengebiete einzuarbeiten. Dazu fehle innerhalb der universitären Ausbildung die Zeit.
Pannel zur Ausbildung im Journalismus. Ich denke mir: Noch nie waren Arbeitslose so gut ausgebildet #digijour2015
— Andreas Grieß (@youdaz) November 5, 2015
Ob das Eingangszitat von Karin Boczek („You better don’t go out without multimedia skills.“) für eine erfolgreiche Karriere im Journalismus genügt, darf bezweifelt werden. Der Tagungsbesucher und freie Journalist Andreas Grieß hielt per Twitter fest: „Panel zur Ausbildung im Journalismus. Ich denke mir: Noch nie waren Arbeitslose so gut ausgebildet“ Grieß muss es wissen. Er studierte Onlinejournalismus in Darmstadt.
Der Beitrag dokumentiert einen Programmpunkt der Tagung „Digitaler Journalismus: Disruptive Praxis eines neuen Paradigmas“, die am 5. und 6. November 2015 unter der Leitung von Prof. Dr. Volker Lilienthal (Universität Hamburg) in Hamburg stattfand.
2. Dezember 2015